Mitbegründer des modernen Studiums der Muslimischen Philosophie und Theologie und Pionier des christlich-islamischen Dialogs
Georges C. Anawati wurde am 6. Juni 1905 in Alexandrien (Ägypten) geboren und starb am 28. Januar 1994 in Kairo, am Fest des Hl. Thomas von Aquin.
Mohamed Talbi aus Tunis, dem Pionier des muslimisch-christlichen Dialogs, verdanken wir folgende Charakterskizze Anawatis aus dem Jahre 1994:
„Pater Georges C. Anawati war ein Mann des Glaubens, des Herzens und des Dialogs... Ihm zu begegnen bedeutete immer ein Vergnügen und eine große Stärkung. Dieser Mensch war ansprechend und freundlich, offen, bescheiden und wissend zugleich. Er war mit Leib und Seele Ägypter und zugleich ganz und gar universal. Für ihn hatte die Welt keine Grenzen.
Er war ein unermüdlicher Pilger der Freundschaft. Freundschaft, die der Barrieren, aller Barrieren spottet. Ãœberallhin brachte er diese ansteckende Sympathie, ohne jegliche Konzession an Polemik oder an Synkretismus. Ein ungetrübter und intelligenter Glaube und ein Herz, in dem genug Liebe wohnt, alle Menschen zu lieben. Während der vielen Gespräche, die uns zusammenbrachten, habe ich nie eine Spur Ärger oder Argwohn bemerkt. Ich habe nie je auch nur ein Wort aus seinem Mund gehört, das nicht Träger der Hoffnung war, das nicht eine Botschaft war des gegenseitigen Verstehens und der Achtung vor sich selbst.“
Drei Sätze Anawatis bringen Anliegen zum Ausdruck, die ihm zutiefst am Herzen lagen:
Über die Basis für ein gerechtes und harmonische Miteinander pluraler Gesellschaften und politischer Gebilde:
„Ich bin für eine Gesellschaft, konzipiert und errichtet auf der Grundlage eines integralen theozentrischen Humanismus, der ohne Verlust für irgend jemanden die Forderungen des Christentums, des Islam und der zeitgenössischen modernen Welt erfüllt.“
Über den unlösbaren Zusammenhang zwischen Religion und Kultur:
„Keine Kultur ohne Religion, und keine Religion ohne Kultur.“
Über die herausragende Tugend für den Dialog:
„Im Dialog benötigen wir eine geologische Geduld.“
Georges Anawatis griechisch-orthodoxe Vorfahren waren zwei Generationen zuvor aus Homs in Syrien nach Alexandrien ausgewandert (worauf die arabische Form des Familiennamens Qanawâti, d.h. aus der Ortschaft Qanawat (in Syrien) kommend, hinweist). Nach Studium und Praxis der Pharmazie trat Anawati (der im Alter von 16 Jahren zur griechisch-katholischen Kirche übergetreten war) im Jahre 1934 ins Noviziat der französischen Dominikanerprovinz ein. Am 16. Juli 1939 wurde er zum Priester geweiht. Es folgten mehrjährige Studien der klassischen arabischen Literatur am Institut des Langues Orientales der Universität von Algier. Ein dreimonatiger Aufenthalt während dieser Jahre in der Eremitage beim Grab von Charles de Foucauld (1858-1916) ) in El Abiodh Sidi-Cheikh in der südalgerischen Wüste und die Begegnung dort mit Louis Gardet (1904-1986) waren von prägender geistlicher und intellektueller Bedeutung.
1944 kehrte Anawati zurück nach Kairo. Bald darauf wurde er zum Direktor des Institut Dominicain d´Etudes Orientales (I.D.E.O.) ernannt, das sich der Islamwissenschaft und dem Anliegen des islamisch-christlichen Dialoges widmete, sowie zum Herausgeber der Veröffentlichungen dieses Instituts (M.I.D.E.O.) Ein halbes Jahrhundert lang hat Anawati von diesem einmaligen Zentrum seines Ordens für das Studium des Islam und die Förderung des christlich-islamischen Dialogs aus in Kairo, Ägypten und weltweit gewirkt. Seit 1951 war er Mitglied des Institut d´Égypte, 1978 wurde er zum Doktor h.c. der Universität Löwen, 1984 zum Doktor h.c. der Katholischen Universität von Washington ernannt. Jahrzehntelang war er geschätzter Mitarbeiter und Ratgeber in verschiedenen päpstlichen Gremien für den Dialog zwischen Kultur und Religion und für den interreligiösen Dialog. Er hatte entscheidenden Einfluss auf die Epoche-machende Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils „Nostra Aetate“ über das Verhältnis der Katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Anawati verfasste mehr als 250 Bücher und Aufsätze: Arabische Originaltexte der islamischen Naturwissenschaft und Philosophie, Monographien zur Philosophie und Mystik des Islam, umfassende bibliographische Ãœberblicke, bahnbrechende Studien zur Geschichte und heutigen Standortbestimmung der kulturellen und religiösen Beziehungen zwischen Christen und Muslimen.
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Bibliographie von Georges Anawati
Zur Geschichte der Begegnung von Christentum und Islam
Georges C. Anawati (Aus: Andreas Bsteh (Hrsg.), Der Gott des Christentums und des Islams, Beiträge zur Religionstheologie 2, Mödling/ Österreich: Verlag St. Gabriel, 1978)
Christentum und Islam: Ihr Verhältnis aus christlicher Sicht
Georges C. Anawati (Aus: Andreas Bsteh (Hrsg.), Dialog aus der Mitte christlicher Theologie, Beiträge zur Religionstheologie 5, Mödling/ Österreich: Verlag St. Gabriel, 1987)
Georges Anawati - Ein Leben im und für den christlich-muslimischen Dialog
Nina Hoch - Zulassungsarbeit an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Institut für Katholische Theologie, 2011
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